versicherung teil iv: entsichert. versicherungslos entpersonalisiert

und dann
kenne ich personen

nicht

personen
die gar nicht in die situation kommen
über versicherungen nachdenken zu können überhaupt
egal ob angst-im-zaum-veräußerungsversicherungen, hausratlebensstrukturanschaffungsversorgungsversicherungen
sterbe- und drama- und normalisierungsversicherungen

mein nicht-kennen von ihnen ein essentieller unabdingbarer bestandteil meiner essentiellen unabdingbaren versicherungskomplettpakete
personen die keine versicherungen angeboten bekommen keine versicherungen haben die nicht die ressourcen haben über versicherungen nachzudenken, nicht die papiere haben um personen zu sein, die versicherungen in anspruch nehmen könnten, nicht die wohnungen haben, an die versicherungspapiere geschickt werden könnten, nicht das geld, nicht den status, nicht die wahrnehmung,
die ihr leben im freien fall überleben versuchen
ihr leben ent_sichert
die wenn sie krank sind nicht krank sind
wenn sie keinen lohn kriegen keinen lohn kriegen
die öffentliche räume meiden müssen, um nicht aufzufallen, wahrgenommen zu werden
die wegrennen müssen wenn ihnen was runterfällt, sie in einen unfall verwickelt sind, die kriminalisiert sind in und durch meine vielfältigen versicherungspolicen um selbst auch nur ansatzweise überleben zu können
deren entsichertes überleben das kleingedruckte meiner versicherungen ist
der anhang den ich nicht lese
nicht lesen muss. so kleingedruckt, so weit weg geschoben, hinter grenzen und wahrnehmungen, dass es sie nicht gibt mehr, die personen, quasi. übertragen und brutal direkt
meine absicherung ihre entsicherung

personen
die ich nicht kenne
die ich gar nicht kennen kann vielleicht
weil sie gestorben sind weil sie verhungert sind keine medizinische hilfe bekommen haben weil ich mit meinen reiseversicherungen nicht in die slums fahre, in denen sie wohne, nicht in die vororte meiner eigenen stadt gehe, wo sie in containern eingesperrt verwahrt auf ihre abschiebungen warten, nicht in die knäste, nicht unter die autobahnbrücken, in die obdachlosenheime, die leer- und doch nicht leerstehende verseuchten fabrikgebäude, in die bahnhofs- und u-bahnwartehallen und bahngleise, die nächtlichen kaufhauseingänge, die rundumdieuhr-fabriken für meine handtücher_jeans_cornflakes
weil sie tot sind, weil sie nicht leben, weil sie kein gehör finden, von mir, egal wie laut sie schreien, vor wut, verzweiflung, schmerzen, angst
weil ich sie für tot erkläre in und mit meinem abgesicherten leben, ihnen nicht den status des menschseins gebe, nicht zuhöre, nicht hinhöre, schalldicht, gefühlsabgedichtet, neoliberal individualisiert entkollektviert
personen die ich wähle nicht zu kennen
personen, reduziert auf ihre funktion zu funktionieren in meinem kapitalisierten abgesicherten leben
meine tödlichen überlebensversicherungen

wie hoch ist der preis des eigenen lebens?

was ist die schönheit von leben?

für wex? zu welchem preis?

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