mein lieben
wenn ich beschreiben sollte wie ich es mir vorstelle, mein lieben:
offenheit und immer wieder neues interesse
lust am zuhören am begleiten am gemeinsam bewegen
lust mich zu spüren, an punkten die weh tun an punkten die verborgen sind, auch vor mir selbst, lust zu lust, lebenslust, lieben
lust mich kennenzulernen in einem nahkontakt, die veränderungen meiner spröden rissigen haut im weichwerden in vertrauen bemerken begleiten zulassen wollen
meine angst aushalten mein zittern mein zurückschrecken
meine unnahbarkeiten aushalten, meine einstudierten muster zu überleben kennenlernen wollen, aushalten, mich, aushalten, deine irritation, deine verletzung, offen zu sein, mich zu verändern
meine träume wollen, auch die nachts, auch die schrecklichen
teilen wollen, etwas davon, immer mal wieder
ohne aufzugehen in einem wir
ohne das ich aufzuheben in einer mich verschlingenden pseudonähe die gar nicht nah sein kann da ich als wesen gar nicht mehr mir spürbar bin
lieben, so stelle ich es mir vor
bei mir sein
mich um mich kümmern
und in momenten schönen lichts auf wasser – wie gerade jetzt, später nachmittag in einem museumscafé in stockholm, blick auf wasser himmel, kleine boote, häuserreihen im hintergrund, dann wieder himmel
in momenten berührender musik, schöner worte in seltenen büchern, zufriedenen ko-seins nach einem tag wandern, aufglucksen wenn mir eine idee kommt, ich eine blume kaufe einen vogel sehe, mich ein kind, ein kleines, offen anlächelt,
dass ich in den momenten dich anrufen will, deine hand nehmen will und sie leicht drücken, kurz den blick von meinem buch heben und dich ansehen und wissen du spürst meine empfindung und ich kann sie mit dir teilen
dass ich das erschöpfte glück in deinen augen sehe, wenn du von einer halben nacht mit anderen dykes in einer kneipe nach hause kommst, nach einem langen und doch für dich nie lange genugen spaziergang mit l, einer sms von d und dass ich das glück sehen darf, du das glück in deinen augen auffunkelnd kurz und vielleicht unmerklich mit mir teilst, mich teilhaben lässt an der schönheit deines funkelnden kurzen heimlichen glücks
dass du mir erzählen kannst von deinem wunsch nach verliebtheit, deinem zarten unausgesprochenen und leider so unerfüllten treuen verliebtseins dass du mein verliebtsein teilst, begleitest auch in die tiefen und dramatischen selbstaufgaben und verzweiflungen durch die ich gegangen bin und gehe wie in einem grauen dauernnassen flanellmantel, stinkend, in einer unbeleuchteten dauernassen einsamen straße, und du, da irgendwo, hinter einem flüchtigen fenster hast eine schwache gedämmte lampe abends immer wieder angemacht, ich umherirrend und lange brauchend bis ich wieder reinkommen konnte, den mantel ausziehen konnte, duschen, eine tasse tee umklammernd, wortlos und fassungslos, immer noch
du hast eine lampe immer wieder angemacht, immer wieder, hast an mich geglaubt in momenten in denen ich schon lange nichts mehr glaubte und am wenigsten mir und balanciert bin, fiebrig auf dem grat einer anwesenheit am abgrund
hast den tisch abgewischt immer wieder, und wir beide können darüber lachen, über deinen versuch etwas ordentlich und klar zu halten mit wischen
ich bin wieder rein gekommen
wir haben die wohnung umgestellt, jedex für sich und beide zusammen, haben neue räume angebaut und fenster geöffnet, und noch immer sortieren wir uns neu in einem leben dessen von außen an uns herangetragene fragende konturen und vorgegebene strukturen nicht dich und mich zu meinen scheinen, versuchen möbel und kleidung und worte zu finden, die passen, dir und mir, unserer beweglichkeit, koffer die unseren reisen entsprechen, probieren neue räume und neue verbindungen,
ziehen aus und weinen
ziehen weiter und fangen wieder an uns zu freuen
und teilen dabei in momenten, weit voneinander weg doch auch immer wieder mal das probieren und ängstlich sein, etwas davon,
und gehen immer wieder auch nebeneinander auf unseren unterschiedlichen wegen,
wegen, die dornig sind und am grat, die bedrohlich sind und uns herausfordern, helfen uns tragen und helfen uns unsere eigenen wege zu suchen zu finden zu suchen
teilen glück und teilen lachen
teilen sehnen
auch sehnen nach den momenten in denen ich mir wünsche du wärst kurz da, ich könnte kurz zu dir hinsehen, dir kurz vorlesen aus der zeitung (und mich heftig aufregen), dir kurz zuhören wie du aus der zeitung vorliest, dich heftig aufregend, dich kurz anstoßen mit dem fuß und wir würden beide die augen verdrehen und wahrscheinlich auch lachen
und gehen unserer wege tastend unsicher fröhlich mutig
wissend um uns unsere immer-wieder begegnungen unser immer noch wohlwollen zugewandtsein
und vielleicht dauert es manchmal tage oder wochen bis ich spüre, dass ich dich anrufen will, wenn ich aufwache aus einem traum, wenn ich ein schönes wort lese, wenn ich basketball spielen will, wenn ich bolognese esse. vielleicht dauert es manchmal monate oder jahre, dass ich dich treffe, wenn ich ein geschenk für dich gekauft habe, einen kuchen gebacken oder wie jetzt – ein gedicht geschrieben habe, für dich. dich anrufen will, um das glück meiner kurzen anwesenheit im traum und wort und geschenk und kuchen und gedicht mit dir teilen zu wollen
vielleicht ist es das, wie ich mir lieben vorstelle
der kurze impuls mit dir zu teilen
das kurze intensive sehnen immer wieder nach deiner anwesenheit, das wissen um unser teilen
das lange tiefe vertrauen
das gemeinsame lachen
die offenheit für die veränderbarkeit unserer jeweiligen wege unserer unterschiedlichen begegnungen
was ich empfinde, wenn ich hier sitze, in stockholm im museumscafé mit blick auf himmel wasser himmel
und dich anrufen will, kurz dir das schicken,
das licht
und den blick
und mein dich lieben
so